g E S u N D H E I t S P O l I t I K sorgung: „Die Reform in ihrer jetzigen Form verfehlt das Ziel einer effizienten Patientensteuerung, das ist ein Problem.“ KVen, Kassen und die Wissenschaft seien sich einig, dass eine Notfallversorgung, die effektiv und wirtschaftlich ist, nur funktionieren kann, wenn eine fehlallozierte Inanspruchnahme verhindert werde. „Es ist daher un- abdingbar, dass Hilfesuchende vor der Nutzung des Notdiensts Kon- takt mit der Integrierten Leitstelle (ILS) aufnehmen müssen“, sagte Roos. Eine solche Hotline-first-Strategie sehe die Notfallreform je- doch nicht vor. „Im Gegenteil“, so Roos, „nach dem Willen des Ge- setzgebers sollen Patienten weiterhin vollkommen ungesteuert auch mit Bagatellerkrankungen die Krankenhäuser aufsuchen dürfen und müssen dort ärztlich begutachtet werden.“ Das Ziel, möglichst alle Patientinnen und Patienten nach objektiven Kriterien in die für sie richtige Versorgungsebene zu führen, werde mit dieser Reform dra- matisch verfehlt. Anstelle dessen erhielten die Krankenhäuser die Hoheit über die Gemeinsamen Tresen in den Integrierten Versor- gungszentren, um nach Auslastungslage entscheiden zu können, wer stationär aufgenommen wird und wer nicht. Roos forderte den Gesetzgeber auf, die Reform zu überdenken und eine effektive Patientensteuerung zu ermöglichen. Außerdem for- derte sie die vollständige Finanzierung des Notdiensts durch die Krankenkassen: „Notfallversorgung ist Teil der Daseinsvorsorge und damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – es ist vollkommen un- verständlich, warum die Mitglieder der KV, die die Notfallversorgung leisten, diese auch noch aus eigener Tasche zu finanzieren hätten.“ bedingungen zur Sozialversicherungspflicht im Notdienst Roos berichtete, dass endlich mehr Klarheit bei den Bedingungen zur Sozialversicherungspflicht im Notdienst herrsche. „Das KV-System hat lange mit dem Bundesgesundheitsministerium, dem Arbeitsmi- nisterium und der Deutschen Rentenversicherung um eine Lösung für den versicherungsrechtlichen Status im ärztlichen Bereitschafts- dienst gerungen.“ Nun sei festgelegt worden, dass im Notdienst von einer selbstständigen und somit nicht sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit ausgegangen werden könne, wenn drei Bedingungen erfüllt sind: 1. Ärztinnen und Ärzte rechnen – wie in ihrer Praxis – ihre im Notdienst erbrachten Leistungen selbst nach dem Einheitlichen Be- wertungsmaßstab (EBM) ab. 2. Notdienstärztinnen und -ärzte nutzen den von der KVen zur Verfügung gestellten Versorgungskontext wie Personal, Technik, Fahrzeuge und Räume gegen ein angemessenes Nutzungsentgelt. Und 3. Sie können sich durch selbst gewählte und qualifizierte Personen vertreten lassen. Abschließende Klarheit werde es erst geben, wenn gesetzlich klargestellt wird, dass KVen Sicherstel- lungszuschläge an diensthabende Ärztinnen und Ärzte zahlen dür- fen, um die Dienste attraktiver zu machen, oder der Gesetzgeber die Tätigkeit von Vertragsärzten im Notdienst auch ohne die Erfüllung der genannten drei Punkte als Annex zur vertragsärztlichen Tätigkeit und somit als selbstständig bewertet, so Roos. Wie die KVH die Vor- gaben im Detail umsetzt und wie die Vergangenheit zu betrachten ist, werde dann entschieden. Die ePa: bei risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren arzt „Die ePA wird zu erheblichem Informationsbedarf bei Patientinnen und Patienten führen“, sagte Roos zur flächendeckenden Einführung, die Anfang kommenden Jahres ansteht. „Man darf sich nichts vor- machen, auch wenn es eigentlich Aufgabe der Krankenkassen ist, ihre Mitglieder über die Funktionsweise und die Nutzungsbedingungen der ePA zu informieren, müssen wir davon ausgehen, dass die Patientinnen und Patienten ihre Fragen an die Praxen richten, zudem werden auf die Praxen umfangreiche Beratungs- und Informationsaufgaben zukom- men. Hierbei wird Sie die KV Hamburg so gut es geht unterstützen.“ Ab 15. Januar läuft eine vierwöchige Testphase in zwei ausgewählten Testregionen, darunter Hamburg. Hier seien nur Praxen involviert, die freiwillig am Netzwerk der „Modellregionen“ teilnehmen. „Der- zeit haben wir allerdings noch erhebliche Zweifel, dass ab Januar 2025 flächendeckend kompatible ePA-Tools in der Modellregion zur Ver- fügung stehen.“ Ist dieser Test erfolgreich, so findet ab Mitte Februar 2025 der bundesweite flächendeckende Roll-out statt. „Für die Einführung der ePA fordern wir vom Gesetzgeber zum ei- nen, dass nur eine technisch einwandfreie und funktionierende An- wendung ausgerollt wird, und zum anderen, dass alle Aufwendungen, die im Zuge der ePA für alle in den Praxen entstehen, angemessen von den Kassen vergütet werden“, so Roos. Gematik, KBV und KVH bieten rechtzeitig Unterstützung für den Roll-out an. Zudem lädt die KVH ihre Mitglieder am 13. Dezember zu einer politischen Diskus- sion über die ePA ein. Nächstes Jahr sind mit den wichtigsten PVS- Anbietern Online-Schulungen geplant, um die Mitglieder auf die An- wendung vorzubereiten. Förderung der psychotherapeutischen Weiterbildung Dr. Andreas Walter, Leiter der Abteilung Verordnung und Bera- tung der KVH, stellte eine Vorstands-Richtlinie vor, nach der künf- tig die KVH die Weiterbildung in psychotherapeutischen Praxen aus Mitteln des Strukturfonds überbrückend fördern wird. „Mit der Reform der Psychotherapeutenausbildung 2020 wurde die Aus- bildung neu strukturiert – ähnlich der ärztlichen Weiterbildung. In diesem Jahr suchen die ersten Absolventen Weiterbildungsplätze. Doch eine gesetzliche Regelung zur Finanzierung der verpflichten- den Weiterbildung in Praxen gibt es nicht“, erläuterte Walter die Hintergründe. In Hamburg gibt es deshalb derzeit keine Weiterbildungsstellen für Psychotherapeuten in ambulanten Praxen. Ziel der Richtlinie sei es deshalb, den Aufbau eines Weiterbildungsangebots im vertrags- psychotherapeutischen Versorgungsbereich überbrückend zu fi- nanzieren, um auch zukünftig eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. „Die KVH fördert vorübergehend einige ambulante Weiterbildungsplätze mit Mitteln des Strukturfonds nach § 105 SGB V. Die Förderrichtlinie tritt ab dem 1. Oktober 2024 in Kraft, mit dem Ziel, überhaupt ein Weiterbildungsangebot für Absolventen in nie- dergelassenen Praxen zu schaffen. Aufgrund begrenzter Mittel kön- nen nur wenige Stellen gefördert werden. Eine bundesweite Regelung im GVSG wird dringend erwartet.“ compliance-ausschuss der KVH Die VV-Vorsitzenden und der Vorstand sind darin übereingekom- men, den Compliance-Ausschuss der KVH analog zum Findungs- ausschuss zu besetzen. „Mitglieder des Ausschusses“, führte Roos aus, „sind demnach die Vorsitzenden der Vertreterversammlung und die Sprecher der Beratenden Fachausschüsse. Um diesen in die Satzung zu implementieren, wird eine Satzungsänderung für den Termin des Satzungsausschusses am 14. Oktober 2024 vorbe- reitet“, so Roos weiter. Ein Beschluss der VV wird nach der Be- fassung im Satzungsausschuss in der Vertreterversammlung am 4. Dezember erwartet. Aufgabe des Ausschusses sei die Überwachung des Vorstands in Compliance-Fragen; außerdem erhalte er Einsicht in die Geschäfts- und Verwaltungsunterlagen der KVH. Im Zuge einer Unterneh- menskultur, die auf Verlässlichkeit und Fairness beruhe, werde die KVH eine Compliance-Leitlinie festlegen; ein externer Compli- ance-Beauftragter unterstütze bereits Mitarbeitende und Vorstand. Ina Raatz ist Mitarbeiterin der Abteilung Politik und Öffentlichkeitsarbeit der KVH 26 H a M b u r g E r Ä r Z t E b l a t t 1 0 | 2 0 2 4