darfs in Hamburg gewesen. Wir brauchen ein Mehr an Kinderärzten. Ob wir das mit den jetzt geltenden Regelungen auch über mehr Sonderbedarfszulassungen bewerkstelligen, bleibt abzuwarten. Der Sonderbedarf wird vom Zulassungsausschuss bewilligt, da sitzen Ärzte und Kassen drin.“ Eine entsprechende Entquotierung für die Hausärzte sei bereits, so Afful weiter, vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) angekündigt und werde voraussichtlich im Sommer kommen. „Die Frage ist, wie sich eine Ausweitung der Fall- zahlen bei Haus- und Kinderärzten auf das Budget der Fachärzte auswirken würde, die ja größtenteils auf Überweisung tätig werden. Die Antwort kann sicher nicht sein, dass sich für die Fachärzte dann die Quotierung noch verschärft. Das würde jeder Versorgungsver- nunft widersprechen.“ Insgesamt würde die Politik den Eindruck vermitteln, hinsichtlich der ambulanten Ver- sorgung keine klare Linie zu verfolgen: „Die Politik verhält sich, als gäbe es uns gar nicht! Erst das TSVG als Lichtblick, dann die Strei- chung der Neupatientenregelung, hier und da ein Leckerli für die eine oder andere Fach- gruppe, die Entquotierung der Kinderärzte, aber keine Entlastung für gestiegene Praxis- kosten – das Gesamtbild fehlt einfach.“ Honorar Afful präsentierte die Honorare für das drit- te Quartal 2022. Die Hausärzte erhielten mit einem Gesamtauszahlungsvolumen von 61,6 Millionen Euro 4,2 Prozent weniger als im Vorjahresquartal, die Kinderärzte lagen mit 12 Millionen Euro 0,7 Prozent unter, die Fachärzte mit 239,3 Millionen Euro 0,4 Pro- zent über dem Vorjahresquartal. Die Aus- zahlungsquote der Hausärzte lag bei 83,9, die der Kinderärzte bei 86,4, die der Fachärzte bei 94,4 Prozent. „Die Neupatientenregelung schlug in diesem Quartal mit netto knapp sie- ben Millionen Euro zu Buche“, so Afful, „hie- ran können wir also sehr gut erkennen, wie viel Honorar uns ab 2023 pro Quartal fehlt.“ Einen Eindruck vermittelten dann auch die Garantiequoten für das zweite Quartal 2023. „Wir sehen deutlich schwächere Quoten – die Hausärzte liegen bei 66, die Kinderärzte bei 65, die Fachärzte zwischen 69 (Laborärzte) und 88 Prozent (Neurochirurgen). Die Ent- quotierung der Kinderärzte führe ab Februar 2023 zu einer simulierten Mehrauszahlung von 1,9 Millionen Euro. Mitgliederbefragung Afful resümierte die Ergebnisse der letzten Mitgliederbefragung. „Es war die vierte Befra- gung in vier Jahren; wir haben etwas schlech- ter abgeschnitten als in den zwei Jahren zuvor, liegen aber insgesamt in einem guten mittle- ren Feld.“ Die Botschaften und Wünsche der Mitglieder an die KVH seien angekommen. „Wir werden weiter an den Themen Service, Transparenz und Verständlichkeit arbeiten.“ Notdienst Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVH Caroline Roos berichtete über die Vorschläge der Regierungskommission zur Neugestaltung des Notdiensts. „Auch wenn wir generell die Notwendigkeit sehen, die Rahmenbedingungen für die Notdienstver- sorgung zu reformieren, ist allem voran zu kritisieren, dass vom BMG in dieses Gremi- um kein Vertreter der Vertragsärzteschaft berufen wurde.“ Dies sei ein neuerliches Zei- chen dafür, dass Lauterbach über vertrags- ärztliche Themen gern ohne Vertragsärzte diskutiert. Grundsätzlich empfehle die Kom- mission die Zusammenlegung der Leitstellen 112 und 116117 zu sogenannten Integrierten Leitstellen (ILS), die Einrichtung Integrierter Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern der erweiterten (Stufe 2) und der umfassen- den Notfallstufe (Stufe 3) nach Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie eine Steuerung der Patientinnen und Patienten über eine telefonische wissen- schaftlich fundierte Ersteinschätzung. „Eine digitale Zusammenlegung der Leitstellen un- ter Beibehaltung beider Telefonnummern ist sicher zu befürworten“, so Roos, „auch beim Grundsatz, der Nutzung der Notaufnahmen als auch der Leistungsangebote des ärztlichen Bereitschaftsdiensts eine telefonische struk- turierte Ersteinschätzung voranzustellen, sind wir dabei, fordern hierzu eine entspre- chende gesetzliche Neuregelung.“ Hinsichtlich der Verteilung der INZ in Ham- burg würde die Empfehlung der Kommission aber bedeuten, dass 15 Krankenhäuser die Standortvoraussetzungen erfüllen würden. „15 INZ sind ganz offensichtlich weder aus medizi- nischen Gründen notwendig noch wirtschaft- lich sinnvoll – derzeit betreiben wir bereits sie- ben Notfallpraxen, davon sechs an Hamburger Krankenhäusern, und die sind schon hochde- fizitär.“ Roos forderte, die Empfehlungen der Kommission den regionalen Gegebenheiten anzupassen. „Es muss sinnvoll sein, was wir tun – das heißt, wir müssen die Situation vor Ort betrachten – Inanspruchnahme, Personal- ressourcen und Finanzierung –, auch deshalb wäre es wichtig gewesen, die Vertragsärzte mit in die Konzeption einzubinden.“ Digitalisierungsstrategie Roos referierte über die Digitalisierungsstra- tegie des BMG. „Zuerst muss man hervor- heben, dass es inzwischen überhaupt eine Strategie gibt und dass die Perspektiven der Patienten sowie der Ärzte mit einfließen, bisher war das nicht der Fall.“ Geplant sei- en zwei neue Gesetze: ein Digitalgesetz und ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz. „Das Digitalgesetz verfolgt das Ziel, die Telemati- kinfrastruktur weiterzuentwickeln, bis 2026 sollen alle Kommunikationsvorgänge papier- los erfolgen; außerdem soll die elektronische Patientenakte zur individuellen Gesundheits- plattform inklusive Medikationsplan und Rezepten avancieren.“ Die größte Heraus- forderung sei hier sicherlich die technische Integration der ePA in die Praxisverwaltungs- systeme; bislang funktionierten die Anwen- dungen rund um die ePA jedenfalls nicht; außerdem seien die Rahmenbedingungen der Befüllung durch die Ärzteschaft noch unsi- cher. „Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz organisiert die Nutzung von Gesundheitsda- ten zu Forschungszwecken. Allein bis 2026 sollen 300 Forschungsprojekte initiiert wer- den, außerdem sollen die Daten aus der ePA hierfür genutzt werden.“ Diskussion In der anschließenden Diskussion meldete sich Dr. Silke Lüder zu Wort und wies darauf hin, dass die ePA keine Übereinstimmung von Re- zepten und tatsächlicher Medikation gewähr- leiste und somit als Grundlage für die Prüfung von Arzneimittelwechselwirkungen ungeeig- net sei. Auch Dr. Jana Husemann fand, die ePA als PDF-Sammlung sei „eine Totgeburt“. Dr. Henrik Suttmann sagte, die Notfallreform sei „zum Scheitern verurteilt“. Dr. Claudia Haupt bezeichnete die Entquotierung der Kinderärzte „als ersten Schritt in die richtige Richtung, mit Signalwirkung“. Dr. Heinz-Hubert Breuer plä- dierte dafür, die Kooperation und Kommuni- kation in der Vertragsärzteschaft zu befördern, um im Rahmen des TSVG den TSS- und den Hausarztvermittlungsfall (HAV-Fall) stärker zu nutzen. Dr. Mike Müller-Glamann sagte, der Weg- fall der Neupatientenregelung schmerze; er kündigte ein Tutorial auf der Website der KVH (www.kvhh.de) an, in dem er erkläre, wie man innerhalb von 60 Sekunden einen HAV-Fall über das TSS-Tool bucht. Außer- dem sagte er, dass zwar eine deutliche Stei- gerung der Patientenversorgung zu verzeich- nen sei, ein Mehr an Geld dem aber nicht folge. Dr. Andreas Bollkämper blies ins selbe Horn: „Wir müssen uns jetzt für eine drasti- sche Erhöhung des Orientierungspunktwerts einsetzen, die von den Kassen angekündigte Nullrunde ist inakzeptabel.“ „Es wird ganz erhebliche Nachzahlungen geben müssen, das wird unsere zentrale Forderung für die nächste Honorarrunde mit den Kassen“, fass- te Dr. Michael Reusch die Diskussion zusam- men. Die VV verabredete ein Diskussionsformat, in dem künftig definierte Themen struktu- riert erörtert werden sollen. Dr. phil. Jochen Kriens ist Leiter der Kommunikation der KVH 0 5 | 2 0 2 3 H A M B u R G E R Ä R z T E B L A T T 25